Die KULTURLOTSEN Karlsruhe
Brücken bauen zwischen Kindern und Kultur

© Kim Götz
Oper, Theater, Museen – während ein Besuch für manche selbstverständlich ist, bleiben anderen diese Türen verschlossen. Im Karlsruher Pilotprojekt KULTURLOTSEN begleiten Ehrenamtliche Kinder aus belasteten Familien zu Kultureinrichtungen. Im Interview spricht Projektleiterin Hannah Nerlich über die Angebote und einen besonderen Opern-Moment.
Beim Wort Lotsen hat man direkt eine Assoziation zu Fluglotsen im Kopf. Was versteht man unter dem Begriff KULTURLOTSEN?
Es hat schon eine gewisse Ähnlichkeit mit Flug-oder Schiffslotsen. Es geht darum, dass erfahrene Ehrenamtliche mit Kindern losgehen, die noch nicht so viele Berührungspunkte mit Kultur hatten und sie da „durchlotsen“. Die Ehrenamtlichen zeigen den Kindern, wie ein Museums- oder Theater-Besuch funktioniert und was man dabei Spannendes entdecken kann.
Wie funktioniert der Anmeldungsprozess für das Programm?
Vieles läuft über die Schule und über die Schulsozialarbeit. Die Mitarbeitenden wissen einfach, zu wem das gut passen könnte. Es geht eben besonders um diejenigen, die Kultur nicht von zu Hause aus kennen. Die Eltern können sich beispielsweise über die Homepage anmelden.
Bei der Anmeldung schaue ich, wer gut zusammenpassen könnte. Wenn ich ein passendes Pärchen gefunden habe, gibt es ein erstes Treffen.
Wie wählst du die Pärchen aus?
Dieser Audio-Beitrag enthält Gema-Material und musste aus diesem Grund 7 Tage nach Veröffentlichung depubliziert werden.
Wie läuft so ein Kulturtag ab?
Der Lotse kommt einmal im Monat zur Familie und holt das Kind ab. Es ist vorher vereinbart, was gemacht wird. Dabei darf das Kind selbst mitentscheiden. Der Eintritt wird vom Projekt finanziert. Nach dem Besuch ist es wichtig, dass man sich darüber unterhält. Dabei ist alles erlaubt. Das Kind kann sagen: „Boah, das war total blöd.“ Dann fragt der Lotse nach. Durch diese Meinungsbildung kann das Kind herausfinden, was ihm gefällt und was nicht.
„Nach dem Besuch ist es wichtig, dass man sich darüber unterhält. Dabei ist alles erlaubt!"
Wer darf das Angebot in Anspruch nehmen?
Unsere Zielgruppe sind Kinder zwischen sechs und 13 Jahren. Sie stammen aus Familien, die beispielsweise wegen gesundheitlicher oder finanzieller Probleme belastet sind. Viele Kinder haben zudem einen sprachlichen Bedarf, da sie aus dem Ausland kommen. Sie bekommen einfach die Chance auf eine Auszeit und gleichzeitig dazu etwas Neues auszuprobieren.
Was will das Programm bewirken?
Kultur bietet Freiraum – ein guter Kontrapunkt zu unserer leistungsgetrimmten Welt, wie ich finde. Wir wünschen uns, dass der Umgang mit Kultur keine Hürde mehr für die Kinder darstellt. Vielleicht gehen sie dann auch im Erwachsenen-Alter wieder ins Theater, weil sie sich erinnern, dass es eine Freiheit war und ein anderes Denken angeregt hat.
„Kultur bietet Freiraum.“
Warum gibt es die KULTURLOTSEN speziell in Karlsruhe?
Karlsruhe bietet sich an, weil es hier viele Kultureinrichtungen wie verschiedene Museen, das Badische Staatstheater und die kleinen Theater gibt. Das vielfältige Angebot ist außerdem gut erreichbar.
Gibt es unter den Ehrenamtlichen eine Art Netzwerk, dass sie sich austauschen können?
Dieser Audio-Beitrag enthält Gema-Material und musste aus diesem Grund 7 Tage nach Veröffentlichung depubliziert werden.
Was ist das schönste Erlebnis, das Sie mit dem Programm hatten?
Es gibt Workshops im Badischen Staatstheater, die wir regelmäßig besuchen. An einem Tag hat dort eine Opernsängerin live gesungen. Ein totaler Wow-Moment für die Kinder! Alle waren ruhig und fasziniert. Ein Kind war am Anfang der Meinung, dass Oper total langweilig sei. Nach dem Auftritt der Sängerin gab es die Möglichkeit Fragen zu stellen. Ein Kind meinte: „Bist du wirklich so wütend, wie du gerade geklungen hast?“ In dem Moment war das schön zu sehen, dass das Kind emotional so viel mitgenommen hat.
Finden könnt ihr die KULTURLOTSEN unter ihrer Website: