Jazz, Jive und Harmonie
Jivers im Kulturzentrum Tempel

© Frederik Koblitz
Jivers ist ein Ensemble, das einem im Alltag wahrscheinlich nicht begegnet. Es sei denn man steht auf Vocal Jazz der 20er und 30er Jahre. Genau dem hat sich nämlich die vierköpfige Band gewidmet, die ursprünglich aus Buenos Aires kommt.
Hauptsächlich inspiriert von Bands wie The Mills Brothers, The Andrews Sisters und The Boswell Sisters passen sie Originalarrangements an ihre Instrumentierung an. Die besteht aus einer Gitarre und einer Snare Drum, ergänzt durch typisch traditionelle Jazzinstrumente der 20er Jahre: eine Tuba, ein Banjo und ein Waschbrett. Die übrigen traditionellen Jazzinstrumente – wie Trompete, Klarinette oder Posaune – werden von den Sänger:innen mit ihrer eigenen Stimme imitiert.
Sie tourten den Mai und Juni über durch die Schweiz und Deutschland. Dabei spielten sie überall, wo sie auftreten konnten. Das ging von Straßenmusikfestivals über tatsächliche “Musik auf der Straße”, bis hin zu kleinen Venues, wie zum Beispiel dem Kulturzentrum Tempel hier in Karlsruhe.
Ab in den Tempel:
© Frederik Koblitz
Die Instrumente stehen schon bereit
Das alte Gemäuer und ein alter (zugegeben eher mitgenommener) Kronleuchter, lassen die 16€ Eintrittspreis von der Abendkasse fast in Vergessenheit geraten. Man unternimmt eben eine kleine Zeitreise in einen Tanzkeller der 30er Jahre.
Der Auftritt von Jivers wird im Rahmen eines Tanzabends des Vereins “Swing in Karlruhe ” ausgerichtet. Der Großteil der Besucher besteht also aus Tänzerinnen und Tänzern, die es kaum aushalten die Füße bis zum Konzertbeginn um 20 Uhr stillzuhalten. Stuhlreihen gibt es nicht. Es wurde Platz geschaffen für eine große Tanzfläche. Sitzgelegenheiten gibt es nur am Rand und an der Bar, im hinteren Bereich des Raumes. Hell erleuchtet ist eine Bühne, auf der schon sehr bald Jivers ihren Plätze einnimmt.
Jivers legt los:
Die ersten Akkorde erklingen. Alle fangen an zu tanzen. Bei mir bist du schön sorgt dafür, dass innerhalb weniger Momente alle Stühle leer und die Tanzfläche voll ist. Mit Klassikern, wie Hit the Road Jack, Joshua fit the Battle of Jericho oder auch Mr. Sandmann erzeugen "die Jivers" eine ausgelassene Stimmung. Zwischen den Liedern gibt es nur kurz Zeit für Applaus, dann geht es auch schon weiter. Ausschweifende Moderationen fallen auch flach, denn obwohl die meisten Songs auf Englisch sind, fällt den Musikern das Sprechen auf Englisch eher schwer. Das macht aber überhaupt nichts. Sie sind glücklich und die Tänzer:innen sind es auch.
Sängerin Cheecha Naab über ihren Auftritt im Tempel:
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Einen besonderen Charme, bei der Musik von Jivers, haben die immer wiederkehrenden Scat-Einlagen und auch die imitierten Instrumente, zum Beispiel die Klänge einer Trompete, werden sehr authentisch nachgeahmt. Neben der Snare Drum, die von der Sängerin Cheecha Naab gespielt wird, gibt es für die Percussion auch noch ein Waschbrett mit einem kleinen Holzblock und einem noch kleineren Becken dran. Damit sorgt Juan Cristóbal Barcesat immer wieder für rhythmische Akzente. Es macht richtig Spaß, den Musikern bei ihrem Spiel zuzuschauen. Besser gesagt: Sie schaffen es, alle Anwesenden mit ihrer Freude an der Musik anzustecken.
© Frederik Koblitz
Die Tanzfläche ist voll
Jivers spielt 3 Sets von je einer halben Stunde. Damit sich die Musiker:innen und alle die das Tanzbein schwingen auch mal erholen können, gibt es zwischen den Sets rund 10 Minuten Pause. Über diese ganze Zeit bleiben die gesungenen Harmonien sauber und die Stimmen sehr klar. Auch die musikalische Abwechslung (natürlich Genre-treu) sorgt dafür, dass man sich an dieser Musik nicht satt hört. Jivers spielt beispielsweise auch langsame Songs und Balladen, wie La Vie en Rose und Georgia On My Mind. Auch Pop-Songs werden von Jivers “eingeswingt”. Michael Jacksons Beat it oder der Hit Bella Ciao bekommen dadurch einen ganz anderen flair.
Gegen 22 Uhr leert sich die Tanzfläche ein wenig. Die Luft ist stickig. Manche haben fast 2 Stunden durchgetanzt. Trotzdem wollen die Leute Jivers weiterhin spielen hören. Die Band hat auch noch nicht genug und macht weiter Programm. Es folgt eine Zugabe nach der anderen. Irgendwann kommt eine besondere Ansage: Für die letzte Nummer kommt die Band von der Bühne!
Der Krönende Abschluss:
© Frederik Koblitz
Eine besonderer Abschluss
Bei ihnen sei es üblich das letzte Stück unter den Leuten und ohne Verstärkung zu spielen, begründen sie. Hautnah und im Kreis von Tänzern spielen Jivers ein letztes Medley. Nur mit einer Gitarre und Fingerschnippen als Begleitung, macht Jivers diese letzten Minuten zu einem Höhepunkt des Abends.
Als der letzte Akkord verklungen ist, wird Jivers mit tosendem Applaus verabschiedet. Ein wunderbares Ende für ein wirklich gelungenes Konzert. Sie wollen nächstes Jahr wieder nach Karlsruhe kommen. Zu Beginn des Abends stand ich dem Vocal-Jazz eher skeptisch gegenüber, doch Jivers hat mich davon begeistern können. Also wer mal die Chance haben sollte Jivers spielen zu sehen, dem rate ich:
Geht hin und genießt es!