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Junger Kulturkanal

LÄUFT

Tinie Creatures in a tinie room

Gefühlvolle Klänge im Café Noir

© tinie creatures

Von Bennet Leitritz am veröffentlicht.

Eine Gitarre, ein paar Effektpedale, ein Mikrofon. Mehr braucht Thomas - genannt Tom - Brandt nicht, um „Tinie Creatures“ auf die Bühne zu bringen. Worte im Voraus sind ebenfalls nicht notwendig, es geht direkt mit dem ersten Song „Whisper“ los. Erst recht ruhig, aber stimmungsvoll und sphärisch. Schlicht in dunkler Hose und einem schwarzen T-Shirt mit der Aufschrift: "kein Mensch ist illegal".

© tinie creatures

Das Cover der "Strange waters Session"

Mit geschlossenen Augen steht der 31-Jährige auf der kleinen Eckbühne im Café Noir im P8. Die Sitzgelegenheiten sind nur mit ca. einem Dutzend Menschen gefüllt, ich sitze auf einem alten Sessel, und tue es dem Mann auf der Bühne gleich. Ich schließe meine Augen und denke mir die Anderen, die noch nicht ganz zur Ruhe gekommen sind, einfach weg. Achte einfach nur auf die Musik, die wie ein sanft plätschernder Bach an mir vorbeifließt. Wobei diese Beschreibung wohl besser zu einem Song der neuen EP „Strange waters session“ gepasst hätte, die dieses Jahr erschienen ist.

Dann wird Fahrt aufgenommen. „Tinie Creatures“ holt alles aus den Ressourcen auf der Bühne heraus. Die Gitarre wird zwischendurch mal als Percussion-Instrument verwendet, die Stimme alterniert zwischen Stakkatoartigen Rhythmusgruppen, langgezogenen flächigen Lyrics, die fast wie Drones über der Gitarre liegen, hauchigen Pointen und Falsett Gesang. Gerade die hohe Lage wird oft an emotionalen Höhepunkten der Songs verwendet. Obwohl ich anfangs das Gefühl habe, die gesangliche Stärke liegt mehr in der Mittellage.

Das auch die Songs vollständig klingen, bei denen auf Spotify mehrere Instrumente zu hören sind, ist kein Zufall. Tom Brandt schreibt alle seine Songs absichtlich so, dass sie allein mit Gitarre gespielt werden können. Bei seinen ersten 2 EPs wurde das ganze dann bei einem Liveauftritt mit befreundeten Musikern aufgezeichnet.

„Tinie Creatures“ ist allerdings nicht sein einziges Projekt. Als Schauspieler stand er nach dem Studium schon auf diversen Theaterbühnen und vor der Kamera, zudem ist er Mitglied der Band „belitzki“. Schauspiel und Musik ergänzen sich für Tom gut. Beim Schauspiel spiele man mit den eigenen Emotionen etwas, das man nicht sei, nach den Vorstellungen der Regie, während man beim singen sich selbst zeige, so der Sänger. Und sich in seinen Songs selbst zeigen, das kann Tom mit „Tinie Creatures“ gut. Er selbst erzählt entspannt vor dem Konzert: „Wenn ich alleine spiele, hab ich nichts zu verstecken“.

© Bennet Leitritz

Hohe Decke, kleine Ecke: die Bühne im Café Noir

Auch zwischen den Songs hat er auf der Bühne nichts zu verbergen. Für einen Song muss er seine Gitarre komplett umstimmen. Währenddessen erzählt er in einem stream of conciousness davon, dass er nicht genau weiß, was er sagen soll in so einer Pause. Dass die Gitarre wahrscheinlich ein wenig verstimmt sein wird. Aber das ist Punk Rock. Und das Warten lohnt sich. Die Intensität wird höher, Die Gitarre fliegt quasi, und die angesprochene Verstimmung erzeugt Reibungen an den richtigen Stellen, besonders im Kontrast zu den bisher sehr glatten Harmonien.

Vor dem Finale Schlägt Tom mit „You“ nochmal leisere Töne an. Ein Wechsel von zerbrechlichem Sprechgesang und gut gestützten Belts. Der Song fühlt sich an wie eine Sommernacht, und passt somit gut zu der lauen Juniluft, die durch die offene Tür hineinzieht. Leider scheint das Publikum nicht ganz gewollt, mit in die Stimmung einzutauchen. Es fehlt ein wenig der Enthusiasmus, der Wille, sich ganz einzulassen auf die Musik von „Tinie Creatures“.

Dabei ist die Musik alles andere als schwer zu verdauen, auch wenn Tom selbst sagt „Die Songs haben ne gewisse Seltsamkeit“.

Aber er gibt sich nicht geschlagen und schließt den Abend mit einem Höhepunkt ab: „Sleepless“ beginnt ruhig und explodiert dann in eine melancholische Hymne, die ein bisschen an eine Rock-Ballade erinnert. Meine anfängliche Skepsis gegenüber dem Falsett verfliegt vollends, die Töne sind glasklar. Das ausklingende Gitarrenvibrato klingt mir noch lange nach und lässt Vorfreude auf „Tinie Creatures“ nächstes Projekt aufkommen. „Sleepless“ ist nämlich bisher noch nicht veröffentlicht. Und laut Tom soll es dieses Mal eine Studioproduktion werden.

Ich will den Faktor, dass es auf Gitarre und Gesang beschränkt ist, behalten.– Tinie Creatures

Nachdem die Leute sich in Gesprächsgrüppchen zusammenstellen und sich hier und da noch ein Getränk holen, kommt auch noch jemand auf Tom zu. Ein Teenager, um die 17 Jahre alt, scheint sich während des Konzerts in die Nähe verirrt zu haben und wurde von der Musik angelockt. Der Enthusiasmus, den der Junge Mann in seiner Stimme hat, gibt ein wenig von dem, was im restlichen Publikum etwas gefehlt hat. Bleibt nur noch zu hoffen, dass es für „Tinie Creatures“ in Zukunft auch etwas größere Bühnen gibt.

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